Politische Führung: Wer kann was?
Die Erwartungen an die Spitzenpolitiker:innen sind sehr hoch. Das Anforderungsprofil reicht von moralischer Integrität über Durchsetzungsvermögen und Belastbarkeit bis hin zu Volksnähe. Bei der Beurteilung der Spitzenkandidat:innen der Nationalratsparteien ergeben sich große Unterschiede. Das zeigt eine Anfang Oktober durchgeführte Umfrage des Österreichischen Gallup-Instituts*.
Integrität und Vertrauen
Beate Meinl-Reisinger (NEOS) ist anderen Spitzenkandidat:innen in Sachen Moral einen Schritt voraus: 51 % der Befragten halten sie für integer („trifft sehr zu“ oder „trifft eher zu“). Dahinter folgen Andreas Babler (SPÖ) mit 47 %, Karl Nehammer (ÖVP) mit 45 % und Werner Kogler (Grüne) mit 42 %. Das Schlusslicht bildet Herbert Kickl (FPÖ) mit 35 %.
Am meisten Vertrauen haben die Wähler:innen in Meinl-Reisinger (49 %) und Nehammer (47 %). Babler bringen 39 % und Kogler 36 % Vertrauen entgegen. Kickl halten 31 % der Befragten für vertrauenswürdig.
„Angesichts der Tatsache, dass Korruption in der Politik als die größte Bedrohung für unsere Demokratie angesehen wird, ist Moral in der Politik für die Wähler:innen von entscheidender Bedeutung“, meint die Leiterin des Österreichischen Gallup-Instituts, Andrea Fronaschütz.
Beharrlichkeit und Belastbarkeit
Herbert Kickl verfolgt seine Ziele aus Sicht der Österreicher:innen beharrlicher als andere Kandidat:innen. 74 % sind der Meinung, dass er sich durch nichts von seinen Vorhaben abbringen lässt, 65 % betrachten ihn als durchsetzungsstark. Meinl-Reisinger und Nehammer werden von rund der Hälfte der Befragten für durchsetzungsfähig gehalten, Babler von einem Drittel und Kogler von einem Viertel.
In Bezug auf die persönliche Belastbarkeit punktet in erster Linie Bundeskanzler Nehammer: 60 % der Wähler:innen sind der Ansicht, dass er gut mit Stresssituationen umgehen kann. Mit Kickl verbinden diese Eigenschaft 56 %, mit Meinl-Reisinger 53 % der Befragten.
Volksnähe und Kommunikation
Die Nähe zu den Bürger:innen wird eindeutig den Spitzenkandidat:innen von FPÖ und SPÖ zugeschrieben. 65 % der Österreicher:innen halten Herbert Kickl, 59 % Andreas Babler für volksnah. 55 % meinen, dass Kickl die Bedürfnisse der Bürger:innen ernst nimmt, während bei Babler 52 % diese Auffassung teilen.
Wenn es um die Kommunikationsfähigkeit geht, liegen die Einschätzungen weit auseinander. In der Wahrnehmung der Wähler:innen bringt der FPÖ-Chef seine Meinung am klarsten und deutlichsten zum Ausdruck (80 %). Relativ gut schneiden hier auch Beate Meinl-Reisinger (68 %) und Karl Nehammer (66 %) ab. Weniger klar scheinen Andreas Babler (53 %) und Werner Kogler (42 %) zu kommunizieren.
„Kickl spricht Themen direkt an und vermittelt den Menschen, dass er auf ihrer Seite steht, ihre Lebensrealitäten versteht und für ihre Anliegen eintritt. Aufbegehren gegen die politischen Eliten wirkt aus der Rolle der Opposition heraus glaubwürdig“, so Fronaschütz.
Politisches Gespür und internationales Parkett
Politische Kompetenz schreiben die Österreicher:innen am ehesten Karl Nehammer (54 %), Meinl-Reisinger (51 %) und Herbert Kickl (49 %) zu. Nehammer wird mit Vorsprung gegenüber anderen Kandidat:innen auch diplomatisches Geschick in heiklen Situationen attestiert (53 %).
Darüber hinaus gilt der Bundeskanzler als außenpolitisch versiert. So bescheinigen ihm 57 % der Österreicher:innen Sicherheit auf dem internationalen Parkett, 54 % Einsatz für Österreichs Interessen im Ausland und 51 % international hohes Ansehen. 68 % halten ihn für einen überzeugten Europäer. Eine proeuropäische Haltung wird mehrheitlich auch bei Meinl-Reisinger (62 %), Werner Kogler (60 %) und Andreas Babler (56 %) wahrgenommen. Im Gegensatz dazu erkennen nur 28 % der Befragten bei Herbert Kickl ein klares Bekenntnis zu Europa.
„Eine staatstragende Rolle trauen die Österreicher:innen am meisten dem Bundeskanzler zu. Karl Nehammer gilt im Vergleich zu anderen Kandidat:innen als weltmännisch, proeuropäisch, diplomatisch agierend, belastbar und integer“, meint Fronaschütz abschließend.
* Gallup-Stimmungsbarometer: Eigenstudie des Österreichischen Gallup-Instituts, 1000 Personen repräsentativ für die (webaktive) wahlberechtigte österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Methode: Computer Assisted Web Interviewing (CAWI) im Gallup-Onlinepanel, durchgeführt zwischen 1. und 7. Oktober 2024
Die Politiker:innen-Profile (Political Leadership) umfassen mehr als 20 Items und werden vom Österreichischen Gallup-Institut im Zeitverlauf abgefragt.